Buchvorstellung – Nichts gesucht. Alles gefunden.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Büchern über den Weg schlechthin, nämlich den Jakobsweg. Ob nun Hape Kerkeling oder Paulo Coelho –Sie alle haben zur Feder gegriffen und Ihre Erfahrungen zu Papier gebracht. Nun reiht sich in die Riege der schreibenden Jakobspilger auch einer der bekanntesten Schriftsteller Frankreichs – Jean–Christophe Rufin ein.
Wer nun denkt dass der Autor seine Pilgerreise aus religiösen Gründen angetreten ist, der irrt. Es war nicht die Suche nach Stoff für einen neuen Roman und es war nicht die religiöse Überzeugung die Rufin auf den Weg gebracht hat. Der Grund ist sehr viel banaler, für manch einen vielleicht auch zu banal – Schlichtweg die Neugierde hat dazu geführt, dass der erfahrene Bergwanderer Rufin sich auf jene Tour begeben hat, die Menschen schon seit mehr als über 1000 Jahren in ihren Bann zieht.
Schon bevor es überhaupt richtig los geht, erkennt Rufin dass nicht nur viele Wege nach Rom, sondern ebenfalls nach Santiago führen. Und so entscheidet er sich für die Nordroute. Anders als viele andere Routen ist diese relativ einsam. Was Rufin entgegenkommt, sucht er doch gerade zu Beginn seiner Reise nicht unbedingt den Kontakt zu Menschen. So oft es, möglich ist zeltet er im Freien. Diese Art der Übernachtung kommt ihm eher entgegen als die Alternative eines riesigen Schlafsaales wie man ihn in den Pilgerherbergen vorfindet. Ausdauernde Schnarcher und auch die eigene innere Unruhe sind Gründe für das Vermeiden besagter Übernachtungsstätten. Auch wenn Rufin, wie er selbst immer wieder betont, weder ein religiöser Mensch noch ein Esoteriker ist, durchläuft auch er auf seiner Wanderung verschiedene Phasen. Im Roman findet sich eine ganze Reihe an Schlüsselerlebnissen, die jeweils eine neue „Phase“ einläuten. Die entscheidende Szene ist jedoch das Aufeinandertreffen mit einem Mönch der sich an weibliche Pilger „heran macht“. Es wird klar, dass der Jakobsweg keineswegs eine christliche Übung ist. Betrachtet man es genau, dann ist die Wanderung wohl eher konfessionslos. Vielmehr ist der Jakobsweg als universeller Weg zur inneren Erkenntnis zu sehen. Ziel ist das Erkennen des Wesentlichen, das Loslassen und die innere Leere.
Angenehm ist, dass Rufin selbst in diesem Moment nicht in irgendwelche esoterische Metapher abschweift oder gar religiöse Motive vorgaukelt. Er bleibt, was er schon zu Beginn seiner Reise war – Skeptiker und Atheist. Allerdings einer von der Sorte die ganz genau beobachtet was mit der menschlichen Psyche passiert.
Nichts gesucht. Alles gefunden. – Mein Fazit:
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Zuerst einmal möchte ich die brillante und elegante Sprache erwähnen, die diesen Roman auszeichnet. Angenehm ist das Jean-Christophe Rufin an keiner Stelle irgendwie rührselig wird oder gar in esoterische Untiefen abgleitet. Und was viele andere bemängeln, nämlich dass der Autor während seines Weges immer ein Skeptiker bleibt – genau das mag ich. Er bleibt bei seiner skeptischen Distanz zu anderen aber auch zu sich selbst, dennoch bleibt der Humor nicht auf der Strecke.
„Nichts gesucht. Alles gefunden“ von Jean-Christophe Rufin ist für mich ein ausdrucksstarker Roman, der mich von der ersten bis zur letzten Seite unglaublich gefesselt hat. Wer eine Erzählung über den Jakobsweg sucht, die mit einem wunderbar stimmigen Schreibstil, einer skeptischen und dennoch augenzwinkender, unreligiöser Haltung sucht, der liegt mit diesem Roman genau richtig.
Ich wüsste nicht zu erklären, auf welche Weise der Jakobsweg wirkt und was er wirklich darstellt. Ich weiß nur, dass er lebendig ist und das man über ihn nichts erzählen kann als einfach alles – so wie ich es getan habe. Aber ich bin mir bewusst, dass selbst dann das Wesentliche fehlt.
Das Buch wurde mir kosten- und bedingungslos von der Verlagsgruppe Random House zur Verfügung gestellt. Noch einmal herzlichen Dank hierfür.